Papierfabrik

Übersicht: Die Geschichte der Papierfabrik Mosheim/ von Deylen

1400 – 1500: Ein Eisenhammer mit der Wasserkraft des Forellenbaches wurde am Bonneberg betrieben. Vermutlich wird damals bereits wie später eine Abzweigung des Baches nördlich unter dem Berg entlang und wieder zum Forellenbach zurück genutzt.

1571 – 1600: Nevelin Möllenbeck, Konrektor in Lemgo, erbaute die Papiermühle Vlotho – Bonneberg und betrieb sie. Die Urkunde vom 6.2.1571 über die Erbpacht mit dem Herzog Wilhelm von Jülich, Kleve und Ravensberg befindet sich als Abschrift in den Räumen des Bürogebäudes der heutigen Firma Lohmeier.

Die Papiermühle verarbeitete Leinenlumpen, die von ca. 30 Lumpensammlern angeliefert wurden. Diese Lumpen wurden eingeweicht und mit Hämmern, die mithilfe von Wasserrädern des abgeleiteten Forellenbaches angetrieben wurden, zu dem „Zeug“ (Lumpenbrei) verarbeitet. Dieses Zeug wurde später auf einzelne rechteckige Messingdrahtgeflechte in der Größe des zu schaffenden Papiers geschöpft. Hochwertiges Papier erhielt Wasserzeichen. Diese nassen Bögen wurden dann zum Trocknen ausgelegt.

1600 – 1765: Die Papiermühle im Besitz der Familie Schmid:

1600 – 1640: Curt Schmid, Wasserzeichen CS

1640 bis 1679: Hermann Schmid, Wasserzeichen HS

1679 – 1693: Paul Schmid aus Berlebeck (geb. 1646, gest. 1724): PS

1693 – 1729: Jobst Henrich Schmid: IHS, Sohn von Hermann Schmid (geb. 1664, begraben 30.10.1729 Valdorf)

1729 – 1733: Johann Christoph Roemer aus Pivitsheide

1733 – 1744: Johann Ludolf Schmid, Sohn von Jobst Henrich, geb. 31.1.1712 in Valdorf, er arbeitete von 1744 – 1750 auf der Papiermühle seines Schwiegervaters in Egestorf

1744 – 1750: Jobst Henrich Mundt, begraben 24.4.1759 in Vlotho

1750 – 1765 Johann Ludolf Schmid, Wasserzeichen FR (Fridericus Rex) und SCHMID.

Eintragungen im Kirchenbuch belegen, dass die Papiermühlen-Inhaber zu den Honoratioren der Stadt gezählt wurden. Die Arbeitskräfte der Papiermühle hingegen erhielten nur einen geringen Lohn und mussten bis zum Ende des 19. Jahrhunderts 12 Stunden täglich arbeiten, manchmal sogar von 4 Uhr morgens bis 21 Uhr abends.

1765 – 1800: Die Papiermühle im Besitz der Familie Mühlenfeld

1765 – 1782: Kauf und Renovierung der Mühle (1. Holländer) durch Bürgermeister Johann Hinrich Mühlenfeld aus Vlotho, geb. 24.1.1709 in Wehrendorf, gestorben 1782 in Vlotho. Die Inschrift, die er an der Mühle anbringen ließ, kann man heute noch an dem gelben Torbogen des Steinhauses hinter dem Fachwerkhaus der Fa. Lohmeier sehen:

Gott der Herr ist Sonne und Schild. Johann Hinrich Mühlenfeldt / Christina Magdalena Steinbömers baueten diese Mühle anno 1765“.

Ab etwa 1750 herrschte Lumpenknappheit, weil es inzwischen bereits sehr viele Papiermühlen in Deutschland gab.

1782 – 1800: Besitzer: Otto Friedrich Mühlenfeld und Johann Gottlieb Mühlenfeld.

Ihre Papiermeister:

1765 – 1772: Simon Heinrich Thies, geb. 1720 in Vlotho, gest. am 26.2.1783 in Valdorf.

1783 – 1800: Christian Ludwig Flake geb. 1741 in Bückeburg, gest. 5.3.1783 in Valdorf; heiratete: 27.1.1771 Charlotte Magdalena Thies und am 21.11.1777 Christine Luise Voigts.

1800 – 1902: Die Papiermühle im Besitz der Familien Hanweg – Weitenauer

8.2.1800: Paul Hanweg kaufte die Papiermühle von den Gebrüdern Mühlenfeld für 7.800 Taler. Neubau eines Wohnhauses (das noch heute erhaltene Fachwerkhaus) für seine 10-köpfige Familie.

1802: Paul Hanweg bat den König „um Beyhülfe zum nunmehr vollendeten Hausbau“. Nach Prüfung durch Gutachter lehnt der preußische König Friedrich Wilhelm IV. dies ab.

1804: Das hölzerne Wehr wird durch ein Unwetter zerstört und später durch ein 45 Fuß langes Stauwehr für 1000 Taler ersetzt.

1813: Neubau einer Kornmahlmühle

1819 – 1840: Bernhard Georg Hanweg, geb. 23.2.1797, gest. 9.2.1840 in Valdorf; heiratete 1827 Marie Nanny König.

1841 – 1866: Friedrich Wilhelm Weitenauer, geb. 9.6.1808 in der Papiermühle Kalldorf, gestorben 2.6.1866, heiratete am 3.9.1841 die Witwe Marie Nanny Hanweg, geb. König.

1866 – 1902: Wilhelm Heinrich Weitenauer, geb. 14.1.1842 in Valdorf, gestorben 13.12.1906 in Bielefeld. Er schaffte 1870 die 1. Papiermaschine an, ab 1879 durch eine Dampfmaschine angetrieben wurde. 1899 ließ er die alte Papiermühle abbrechen und eine Papierfabrik bauen, die aber 1902 in Konkurs ging.

Wechselnde Besitzer von 1902 bis 1967:

5.9.1902 – 1904: In einer Zwangsversteigerung erwarben mehrere Vlothoer (zumeist Gläubiger) die Papierfabrik für 77.000 Mark. Es waren der Schmiedemeister Wilhelm Sander, der Kupferschmiedemeister Karl Thüngen, der Zimmermeister Wilhelm Krieger und der Kaufmann Samson Heynemann. Sie verkauften separat 22 Morgen Land als Bauland.

18.4.1904: Kaufmann Balthasar Hebeler aus Bochum erwarb die Papierfabrik (ohne 22 Morgen Land) für 75.000 Mark. Er ließ einen 2. Dampfkessel aufstellen.

22.2.1906: Die Papierfabrik brannte völlig ab, nur das Wohnhaus blieb erhalten.

20.6.1906 – 8.10.1938: Die Gebrüder Mosheim kauften für 50.000 Mark die Ruinen der Fabrik und bauten sie vergrößert wieder auf. Mehrere Brandgiebel wurden eingebaut, eine Schlosserei, eine Tischlerei, ein Packraum sowie ein großer Lager- und Laderaum entstanden. Die Arbeiter erhielten einen Waschraum mit Garderobe und einen Aufenthaltsraum mit Tischen und Bänken in der Tischlerei.

1925: Eine Lokomobile zum Antrieb des Holländers wurde angeschafft.

Die Firma Mosheim verwandte überwiegend Altpapier zur Papierherstellung, das durch Pferdefuhrwerke, später auch durch die Herforder Kleinbahn, herangeschafft wurde..

Ab 1938 versorgte das 1910 gegründete EMR in Kirchlengern 28 Elektromotoren zu insgesamt 60 PS mit Strom. Unter dem NS-Regime wurde der Besitz der Juden am 9.Oktober 1938 arisiert, d.h. er musste unter Wert verkauft werden. Der letzte Besitzer Moses Mosheim (geb. 1861) starb am 25.1.1943 im KZ Theresienstadt.

9.10.1938 – 16.2.1967: Theodor von Deylen aus Visselhövede erwarb die Fabrik und führte sie unter dem Namen „Unionwerk Gesellschaft von Deylen“. Theodor von Deylen (geb. 13.5.1870, gest. 5.1.1962) und sein Sohn und Nachfolger Kurt von Deylen (geb. 25.7.1912, gest. 24.10.1983) vergrößerten und modernisierten das Werk erheblich. Nach dem 2. Weltkrieg wurden die Erben der Mosheims in einem Vergleich mit 600.000 DM abgefunden.

1951: Eine Trafostation wurde gebaut.

Dezember 1961: Betrieb einer 2. leistungsfähigeren Papiermaschine

Ab März 1964 war Dr. Sarter als Geschäftsführer bzw. Teilhaber am Unionwerk beteiligt. Er veruntreute 40.000 DM und trug zum Konkurs der Papierfabrik von Deylen am 16.2.1967 bei. Wegen mehrerer Meineide und Konkursverschleppung stand er vor Gericht. Aufgrund seiner schlechten Gesundheit wurde er lediglich zu 10.000 DM Geldstrafe verurteilt.

Nach 1967: Nach einem längeren Leerstand waren zeitweise die Firmen Stübbe, Germania und Arnold in den Gebäuden untergebracht.

Seit 19.11.1985 baut die Firma Fritz Lohmeier an diesem Ort Schaltschrank–Systeme.

Eine detaillierte Darstellung der Geschichte der Papierfabrik mit zahlreichen Fotos, Karten und Skizzen ist im örtlichen Buchhandel als Broschüre zu erwerben:

Die Geschichte der Papierfabrik Mosheim/ von Deylen in Vlotho“ von Inge Wienecke, hg. vom Heimatverein Vlotho 2013